Unbekannte britische Gerichte, die Sie noch nicht probiert haben

Wenn von der britischen Küche die Rede ist, denken die meisten Menschen sofort an Fish and Chips, Roastbeef oder vielleicht das klassische English Breakfast. Doch die britische Insel bietet eine erstaunlich breite Vielfalt an Gerichten, die oft übersehen werden und viel mehr Aufmerksamkeit verdienen. Abseits der bekannten Klassiker gibt es zahlreiche regionale Spezialitäten und Zeitzeugnisse einer reichen Esskultur, die für viele Gaumen Neuland bedeuten. Auf dieser Seite stellen wir Ihnen britische Gerichte vor, die Sie womöglich noch nie probiert haben, deren Entdeckung sich jedoch mehr als lohnt.

Nordenglische Spezialitäten

Panackelty ist ein traditionelles Schmorgericht aus dem Nordosten Englands, insbesondere aus Sunderland. Ursprünglich als sättigende Speise für Bergleute konzipiert, besteht Panackelty aus dünn geschnittenen Kartoffeln, Schichten von Zwiebeln und gesalzenem Fleisch – häufig Corned Beef oder Schweinefleisch. Diese Zutaten werden in einem großen Topf langsam gegart, sodass sich die Aromen wunderbar miteinander verbinden. Das Gericht ist ein Paradebeispiel der sogenannten “Cobbler-Küche”: wenig Zutaten, aber viel Geschmack. Es ist zwar einfach und rustikal, liefert aber an kalten Tagen die perfekte Portion Komfort und zeigt, wie kreativ die nordenglische Küche mit begrenzten Mitteln umgehen kann.
Pease Pudding mag vielleicht kein besonders ansprechender Name sein, doch dieses aus gelben Spalterbsen hergestellte Gericht ist eine nordenglische Delikatesse. Pease Pudding wird traditionell langsam gekocht, oft zusammen mit einem Schinkenknochen, der für das charakteristische Aroma sorgt. Das Endprodukt ist ein streichfähiger, mild-würziger Pudding, der üblicherweise warm auf Brot oder zu Fleisch, insbesondere geräuchertem Schinken, serviert wird. In der Region Tyneside und Newcastle ist Pease Pudding ein unverzichtbarer Bestandteil vieler Teatime-Tafeln und insbesondere bei älteren Generationen beliebt. Es handelt sich hierbei um ein einfaches, aber sehr nahrhaftes Gericht mit langer Tradition.
Butter Pie ist eine Spezialität aus Lancashire, die besonders während der Fastenzeit geschätzt wird – weil sie komplett vegetarisch ist. Das Gericht besteht aus einer üppigen Menge Kartoffelscheiben, die in Butter gedünstet, gut gewürzt und anschließend in eine knusprige Teighülle gebettet werden. Butter Pie wirkt im Vergleich zu anderen britischen Pies weniger komplex, überzeugt jedoch durch die Kombination aus zartschmelzenden Kartoffeln und buttrigem Aroma. Ursprünglich als “Freitagspie” für katholische Arbeiter in Fabriken entwickelt, hat sich das Rezept in der Region gehalten. Sobald man diesen wärmenden Pie probiert hat, versteht man, warum er vor allem in Nordengland so beliebt ist.

Geheimtipps aus Wales

Cawl

Cawl ist ein deftiger walisischer Eintopf, der seit Jahrhunderten auf walisischen Tafeln serviert wird. Ursprünglich bestand er aus einfachsten Zutaten wie Lammfleisch, Lauch, Kartoffeln und Möhren, variierte jedoch von Haushalt zu Haushalt. Was Cawl so besonders macht, ist sein kräftiges Aroma und die Art, wie die Zutaten langsam zusammen köcheln, bis sie eine herzhafte, wärmende Mahlzeit ergeben. Typischerweise wird Cawl mit frischem Brot gereicht und häufig mit geriebenem Cheddar-Käse garniert – eine Kombination, die an regnerischen Tagen in Wales für besonderes Wohlbefinden sorgt. Trotz seiner Bedeutung für die walisische Küche bleibt Cawl in Deutschland nahezu unbekannt.

Welsh Cakes

Zwar sind Welsh Cakes in Wales allgegenwärtig, aber außerhalb des Landes kennt sie kaum jemand. Diese kleinen, runden Kuchen werden auf einer heißen Platte gebacken und bestehen aus einfachem Teig mit Rosinen, Gewürzen und oft einem Hauch Muskatnuss. Während sie wie Scones aussehen, haben sie eine knusprige Oberfläche und ein weiches Inneres. Sie werden gerne warm verzehrt, manchmal mit Butter bestrichen oder mit einem Schuss Marmelade serviert. In walisischen Haushalten sind diese Cakes ein Favorit zum Nachmittagskaffee oder als süßer Snack für Zwischendurch. Ihr einzigartiger Geschmack und ihre Textur machen sie zu einem Muss für alle Naschkatzen.

Laverbread

Laverbread wird aus gekochtem Meeresalgenbrei (Laver) hergestellt und ist eine echte walisische Spezialität. Die Zubereitung ist langwierig: Laver-Algen werden stundenlang gekocht, bis eine dunkelgrüne, weiche Masse entsteht. Diese kann dann pur gegessen oder mit Haferflocken vermischt und knusprig gebraten werden. Traditionell wird Laverbread zum Frühstück serviert – beispielsweise zu gebratenem Speck oder Muscheln. Der Geschmack ist würzig und erinnert an Meer und Umami, dabei jedoch überraschend mild. Für Reisende ist Laverbread oft eine ungewohnte, aber lohnenswerte kulinarische Entdeckung. Es ist nicht nur ein Symbol für die Küstenregionen von Wales, sondern auch reich an Nährstoffen.
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Englische Süßspeisen, die überraschen

Der Bakewell Pudding stammt aus dem gleichnamigen Städtchen Bakewell in der Grafschaft Derbyshire. Oft mit dem bekannteren Bakewell Tart verwechselt, unterscheidet sich der Pudding durch eine zarte, buttrige Plätzchenbasis, ein Fruchtgelee, meist Himbeere oder Johannisbeere, und eine dicke Schicht aus Eimasse, Zucker und Mandeln. Ursprünglich entstand das Gebäck durch einen Küchenunfall im 19. Jahrhundert und entwickelte sich zum lokalen Kult. Der Bakewell Pudding überzeugt mit einer ungewöhnlichen Textur und dem Zusammenspiel aus cremiger Füllung, säuerlicher Frucht und buttrigem Gebäck. Ein Muss für alle, die gerne neues Gebäck ausprobieren.

Kulinarische Klassiker aus Cornwall

Stargazy Pie ist wohl eines der ungewöhnlichsten Gerichte Cornwalls und fällt vor allem durch seine Präsentation auf: Kleine Sardinen ragen mit ihren Köpfen aus dem Pastetengebäck und „starren zum Himmel“ – daher der Name. Innen verbirgt sich ein Mix aus Fisch, Eiern, Speck, Kartoffeln und Kräutern, gebettet in eine cremige Sauce. Die Ursprünge des Gerichts liegen in der Legende um den Fischer Tom Bawcock, dessen Fang einem hungernden Dorf das Leben rettete. Stargazy Pie zeigt, wie kreativ und experimentierfreudig die cornische Küche sein kann – auch wenn das Aussehen für viele auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig ist.
Cornish Hevva Cake ist ein einfaches, aber schmackhaftes Kuchenrezept, das aus der Zeit der traditionellen Heringsfischerei stammt. „Hevva!“ riefen die Fischer, wenn sie einen Schwarm entdeckten. Der Kuchen besteht aus Mehl, Butter, Zucker, Milch und Rosinen und wird oft mit einem Gittermuster verziert, das an Fischernetze erinnern soll. Der Hevva Cake ist wunderbar mürbe, leicht süß und besonders als Begleiter zu einem starken Tee beliebt. Cornwalls Hausfrauen backen ihn seit Generationen, aber außerhalb der Region findet man ihn nur selten. Der rustikale Charakter und die kulturelle Bedeutung machen ihn zu einem echten Insider-Tipp.
Cornish Yarg ist ein in Brennnesselblättern gereifter Käse, der von den westlichen Landstrichen Cornwalls stammt. Die äußersten Blätter geben dem Käse eine charakteristische Textur und milde Kräuternote. Yarg entwickelt während der Reifung einen cremigen Kern und eine angenehm feste Rinde. Ursprünglich wurde dieses Rezept nach mittelalterlichem Vorbild von der Familie Gray (Yarg ist „Gray“ rückwärts) im 20. Jahrhundert neu belebt. Cornish Yarg überzeugt mit ausgewogenem Geschmack und einzigartiger Optik. Er ist ein Symbol für den Innovationsgeist der regionalen Käseherstellung in Cornwall, bleibt aber in Deutschland weitgehend unbekannt.

Saisongerichte mit Tradition

Simnel Cake

Simnel Cake ist ein festlicher Kuchen, der traditionell zur Osterzeit gebacken wird. Er besteht aus mehreren Schichten: Ein fruchtiger Teig mit Trockenfrüchten wird mit einer dicken, mittig eingearbeiteten Schicht Marzipan versehen. Auch die Oberfläche ist mit Marzipan dekoriert, häufig in Form von elf Bällchen, die die Jünger Christi symbolisieren sollen. Nachdem der Kuchen kurz abgeflämmt wurde, erhält er eine goldene Kruste. Der Simnel Cake ist ein altes Fastengericht und steht für Lebensfreude und Frühlingsgefühle. In Großbritannien ist er noch heute ein Herzstück der Osterküche, außerhalb aber kaum kennen- oder probiert.

Summer Pudding

Der Summer Pudding erfreut sich in den britischen Sommermonaten großer Beliebtheit. Hergestellt wird er, indem Brot mit einer intensiven Beerenmischung – meist Himbeeren, schwarze und rote Johannisbeeren – geschichtet wird. Während der Pudding einige Stunden zieht, dringt der Fruchtsaft in das Brot ein und macht es wunderbar saftig und aromatisch. Das Ergebnis ist ein erfrischendes, farbenfrohes Dessert, das ohne Backen auskommt. Summer Pudding ist die perfekte Antwort auf heiße Tage und feiert die Vielfalt britischer Beeren. Er ist einfach, schnell hergestellt und ein Geheimtipp fernab touristischer Klassiker.

Bonfire Toffee

Bonfire Toffee, auch bekannt als Treacle Toffee, ist die Nascherei rund um den 5. November – die berühmte Guy Fawkes Night. Die dunkle, harte Karamellmasse wird aus Zucker, Butter und schwarzem Zuckerrübensirup gekocht und dann in Stückchen gebrochen. Wegen seines kräftigen Aromas und der harten Konsistenz ist Bonfire Toffee nichts für schwache Zähne, aber eine echte Kindheitserinnerung für viele Briten. Das Toffee steht seit Jahrhunderten für Gemütlichkeit, Lagerfeuerromantik und das gemeinsame Feiern in kalten Herbstnächten. Außerhalb Großbritanniens ist Bonfire Toffee kaum bekannt, trägt aber ein Stück britische Festkultur in sich.

Britische Frühstücksideen jenseits des Klassikers

Kedgeree ist ein Gericht mit indischen Wurzeln, das während der Kolonialzeit seinen Weg auf britische Frühstückstafeln fand. Die Hauptzutaten sind Reis, geräucherter Fisch (typischerweise Schellfisch), hartgekochte Eier, Butter und Gewürze wie Curry und Petersilie. Kedgeree vereint herzhafte und exotische Aromen und ist ein hervorragendes Beispiel für den Einfluss fremder Küchen auf die britische Esskultur. Ursprünglich ein klassisches Frühstücksgericht in viktorianischen Haushalten, hat es sich als opulente Alternative zum typischen English Breakfast etabliert. Die Mischung aus zartem Fisch, Reis und aromatischen Gewürzen macht Kedgeree zu einer überraschenden und sehr befriedigenden Frühstücksoption.